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Österreichischer Marathonsonntag in Valencia

Am Sonntag findet das letzte Marathon-Highlight des Jahres in Valencia statt. Mit dabei ist fast die komplette heimische Spitze bei den Männern, nicht aber Julia Mayer.
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Das letzte Kapitel des Marathon-Jahres 2024 hat das Potenzial, die heimische Jahresbestenliste zu beeinflussen. Mit Andreas Vojta, Peter Herzog und Mario Bauernfeind sind nicht nur drei der vier schnellsten österreichischen Marathonläufer des bisherigen Jahres am Start, sondern auch drei der vier mit dem gegenwärtig größten Potenzial – der Neo-Österreicher Aaron Gruen, der in Chicago einen Marathon von 2:14:21 Stunden gelaufen ist (siehe RunUp.eu-Bericht), ist der Viertgemeinte. Aus der heimischen Elite fehlt damit in Valencia nur Julia Mayer, die ursprünglich auch einen schnellen Marathon zum Jahresabschluss angedacht hatte.

Kraftlos in Wien, Wind in Frankfurt, Hitze in Linz – die bisherige Marathon-Karriere von Andreas Vojta (team2012.at) hat ihn unter Wert verkauft und war auch von suboptimalen äußeren Bedingungen begleitet. Und so verspürt nicht nur der 35-Jährige, aber eben besonders er, beruhigende Gefühle mit dem Blick auf den Wetterbericht für Sonntag in Valencia. Leicht bedeckter Himmel, Temperaturen im niedrigen zweistelligen Bereich und für eine Hafenstadt erstaunlich wenig Wind.

Ohne Sekundendruck

Nicht, dass es ihm um Ausreden bei den bisherigen Auftritten geht, ganz im Gegenteil. Er habe schließlich Erfahrung genug, damit ihm solch hemmende Begleiterscheinungen nicht nachhängen. Vojta schätzt die Erleichterung, mit dem Wissen guter Marathon-Bedingungen das Rennen anzuvisieren. Schließlich soll dieser Wettkampf nun endlich sein Potenzial auch in dieser Traditionsdisziplin des Laufsports auf die Waage legen.

Er freut sich, auf möglichst unbekümmerte Art und Weise loslaufen zu können. „Der Druck dieses Olympia-Limits ist weg. Das heißt, es geht für mich dieses Mal nicht darum, auf eine bestimmte Sekunde genau mein Tempo abzurichten, sondern mich harmonisch in ein Feld einzuordnen und ein rhythmisches Rennen in einer Gruppe zu suchen, um dort in den Flow zu laufen. Ohne permanent auf die Uhr zu schauen.“ Das ist in Valencia aufgrund der enormen Dichte im Feld leichter möglich als anderswo. Trotzdem soll das Tempo natürlich ein entsprechendes sein. Vojtas Motto: „Wer das Potenzial von 62,5 im Halbmarathon hat, sollte das Potenzial haben, zwei Marathon-Hälften im 65er Bereich aneinanderzureihen.“

Der „Phantonmarathon“ als Plan B

Lange Zeit war aufgrund der schrecklichen Unwetter Ende Oktober in der Region um Valencia unklar, ob der Valencia Marathon über die Bühne gehen könnte. Der Veranstalter ließ seine Zig-Tausenden Teilnehmer*innen lange im Ungewissen und stellte, im Kontext verständlicherweise, auch die öffentliche Kommunikation temporär ein. Mittlerweile ist eine Entscheidung für die Durchführung gefallen und zwar unter dem Motto: „Es gibt kein größeres Ziel, als vereint zu sein – Valencia läuft für Valencia.“

Neben den bis zu 30.000 Hobbyläufer*innen hätte eine Absage auch die Eliteläufer*innen schwer getroffen. Vojta hat gar seine Unterkunft storniert, um einen Tag später, nach erfolgter Bekanntgabe, dieselbe Unterkunft zum selben Preis wieder zu buchen, erzählt er schmunzelnd im Gespräch mit RunUp.eu. Doch seine Gedanken gingen über die Reise nach Valencia hinaus. Um eine ergebnislose Marathon-Vorbereitung mit all ihrer Intensität und Länge zu verhindern, hatte er eine besondere Idee und meldete mit Unterstützung des Österreichischen Leichtathletik-Verbandes (ÖLV) und des Wiener Leichtathletik-Verbandes (WLV) fristgerecht bei World Athletics für dessen Global Calendar einen Marathon am 8. Dezember auf der zertifizierten Laufstrecke im Prater an, um im Fall der Fälle einen Elitemarathon kurzfristig förmlich aus dem Boden zu stampfen.

Als Vorbild galt der 2020 unter genau jenen Verhältnissen durchgeführte Meisterschaftsmarathon, an dem Vojta als Tempomacher für seine Landsleute teilgenommen hat. „Klar, das war eine Schnellschussaktion. Aber nach einigen Gesprächen war ich mir sicher, dass in der mitteleuropäischen Region genug Interesse für diesen Plan B da gewesen wäre“, so der 35-Jährige. Rückblickend sei er froh, dass Plan A, also Valencia, funktioniere. „Irgendwie aber wäre das eine spannende Herausforderung gewesen“, meint er lachend. Stattfinden wird der Marathon in Wien nun natürlich nicht. Auch wenn er im Global Calendar des Weltverbandes noch auffindbar ist.

Vierter Marathon für Herzog

Peter Herzog (Union Salzburg LA) hat sich nach seiner guten Marathon-Leistung in Berlin (2:12:08 Stunden, die schnellste Marathonzeit eines Österreichers seit vier Jahren) entschlossen, in Valencia noch einen vierten Marathon im laufenden Kalenderjahr zu laufen. Die Freude am Training, am Laufen, welches mit zahlreichen Opfern verbunden ist, ist im Sommer zurückgekehrt, die körperliche Verfassung ist seit Monaten positiv und das Training entwickelte sich nach einer zweiwöchigen Pause nach Berlin gut. Dabei half auch ein zweiwöchiges Trainingslager in der Höhe von St. Moritz, das ihm in Absprache mit der Universität Salzburg genehmigt wurde. Das verschaffte ihm nicht nur optimierte Trainingsbedingungen, sondern auch ein kurzes Zeitfenster ohne den üblichen Alltagsstress zwischen Familie, Ausbildung, Training und zeitzehrenden Fahrten dazwischen.

Trotz der guten Trainingsleistungen fühlt sich der Pinzgauer genötigt, tief zu stapeln. Eine Erkältung hat ihm über das Wochenende zu schaffen gemacht, ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt in einer Marathon-Vorbereitung. „Ich kann im Moment nicht einschätzen, was diese Erkältung kostet. Im Moment fühle ich mich ein bisschen geschwächt, hoffe aber, dass sich rasch Besserung einstellt“, erzählt der 37-Jährige. „Unabhängig von der genauen Verfassung werde ich am Sonntag natürlich mein Bestes geben.“ Zusätzliche Motivation braucht der Salzburger nicht, schließlich kennt er den Valencia Marathon von einem Auftritt im letzten Jahr, damals aufgrund diversen gesundheitlichen Problemen davor ohne spitzensportlichem Anspruch: „Von der Stimmung, der Atmosphäre und dem Rundherum ist das das mit Abstand beste Rennen, das ich jemals gelaufen bin. Ich versuche, so positiv wie möglich, ins Rennen zu gehen.“

Nicht gelungene Vorbereitung für Bauernfeind

Noch weniger reibungslos verlief die Vorbereitung von Mario Bauernfeind (ÖBV Pro Team), ausgehend von einer längeren Erkrankung im Spätsommer. Er bezeichnet sie vorsichtig als rückschlagsreich: „Gefühlt ist einfach alles dazu gekommen, was in einer Marathon-Vorbereitung einfach stört. Dazwischen gab es freilich auch gute Trainings, zum Beispiel während des zweiwöchigen Trainingslagers im Oktober auf Mallorca. Aber insgesamt war es keine Vorbereitung, die mich für Bestzeiten tauglich macht.“

Bauernfeind will topmotiviert ins Rennen gehen, freut sich auf seinen ersten Auftritt auf der schnellen Strecke in Valencia und wäre sehr zufrieden, sollte am Ende ein ähnliches Resultat herausschauen wie beim Vienna City Marathon im April, als er als erster Österreicher die Ziellinie überquert hat. Als vierter österreichischer Topläufer geht Markus Hartinger (LTV Köflach) ins Rennen. Bauernfeind hat im Vorfeld etliche Trainings gemeinsam mit dem Steirer absolviert und traut ihm eine Leistung deutlich unter 2:20 Stunden zu. Das wäre eine deutliche Steigerung für den 36-Jährigen.

Keine neuerliche Valencia-Sternstunde

Ein Jahr ist der Rekordlauf von Julia Mayer (DSG Wien) in einer Zeit von 2:26:43 Stunden nun alt. Der Valencia Marathon 2023 hat die Österreicherin auf ein neues Leistungsniveau gehievt, welches sie auf die Olympische Bühne von Paris 2024 brachte. Auch heuer wollte die Niederösterreicherin ursprünglich in Spanien laufen. Doch weil der neue Marathon-Zyklus mit einigen markanten Neuerungen im Training schleppend anlief und Anfang Oktober durch eine Krankheit unterbrochen wurde, entschied die 31-Jährige früh, dass die Zeit für einen guten Aufbau Richtung Valencia zu kurz wäre und sagte ihren Start ab.

Lauf-Mekka für die Zeitenjagd

In den letzten Jahren hat sich der Valencia Marathon als attraktive Destination für Läufer*innen, die schnell laufen wollen, etabliert – insbesondere für den Großteil der europäischen Verbände. Denn durch die neuen Qualifikationskriterien mit erhöhtem Limit-Druck für internationale Meisterschaften sowie der Weltrangliste ist das stabile Dezember-Klima in Valencia in Verbindung mit der schnellen Strecke hochattraktiv. Insbesondere in Olympischen Jahren ist Valencia ein ideales Ziel: Nach der Regeneration von den Strapazen in Paris war ein umfänglicher Zyklus möglich – und das im klimatisch begünstigten Herbst.

Die Limit-Jagd hinblicklich kommender internationaler Ziele hat für die österreichischen Valencia-Teilnehmer eine neue Komponente erhalten. Der ÖLV hat nämlich beschlossen, dass eine sportliche Qualifikation über die Weltrangliste für eine WM-Nominierung für Tokio, exklusiv im Marathon, nicht mehr reicht, sondern in Verbindung mit einer Marathonzeit unter 2:10 Stunden bei den Männern stehen muss. Zur Erinnerung: Das ist gleichbedeutend mit einer Verbesserung des österreichischen Rekords von Peter Herzog (2:10:06).

Eigenes WM-Limit für die Marathonläufer

Die drei heimischen Topläufer erfuhren auf unterschiedliche Art und Weise vom Beschluss, reagierten allesamt diplomatisch auf die zusätzliche Hürde der WM-Qualifikation, die potenziell Vorbild für alle zukünftigen Qualifikationszyklus sein könnte. „Einerseits erschwert dies die Qualifikation natürlich. Andererseits sehe ich es auch als eine Art Anpassung, denn die Hürde der WM-Teilnahme ist in vielen anderen Disziplinen der Leichtathletik deutlich schwieriger“, zeigt Andreas Vojta Verständnis. Der 35-Jährige ist Athletenvertreter in der Sportkommission des ÖLV und war daher informiert. Er fügt hinzu: „Außerdem: Man muss mittlerweile auch in Europa unter 2:10 Stunden laufen, damit man mithalten kann.“

Herzog meint, er befasse sich gar nicht damit: „Mehr als mein Bestes abzurufen kann ich ohnehin nicht tun.“ Bauernfeind sieht aus seiner subjektiven Sicht einen „Wink, dass ein nichtprofessioneller, mitteleuropäischer Marathonläufer mit Familie nicht mit der Ambition, WM-Teilnehmer zu sein, harmoniere“, gibt aber auch zu, dass Weltmeisterschaften unabhängig individueller Träume auch nicht die Bühne für nicht professionell betriebenen Sport sei. Für die österreichischen Läuferinnen gilt ebenfalls ein verbandsinternes WM-Limit für den Marathon – und zwar von 2:28:00 Stunden. Diese Leistung hat Julia Mayer auch erst einmal unterboten.

Autor: Thomas Kofler
Bild: © SIP / Johannes Langer. Der Start des Valencia Marathon 2023.

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