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Eine stichfeste Erklärung hatte Timo Hinterndorfer (DSG Wien) eine halbe Stunde nach seiner recht emotionslosen Zielankunft am Bozner Waltherplatz nicht dafür, warum am letzten Tag des Jahres bei ihm von Beginn an kein Zug drinnen war. „Ich bin selbst überrascht darüber, aber ich hatte vom Start weg müde Beine und bin nie wirklich in einen guten Laufrhythmus gekommen“, schilderte er. Das passte sogar nicht zu den Trainingsleistungen im wochenlangen Aufenthalt in Südafrika unter den Fittichen seines neuen Trainers Andreas Prem, aus dem der 19-Jährige mit guten Gefühlen vor einer Woche zurück nach Europa gekommen ist – es war sein erster Aufenthalt in einem außerkontinentalen Trainingslager. Die nicht berauschende Tagesverfassung machte den Wettkampf auf dem achtmal zu umrundenden, 1.250 Meter langen Rundkurs durch die Bozner Altstadt bei leicht einsetzenden Regentropfen für den Wiener zu einer schwierigen Angelegenheit, die für ihn nach 31:19 Minuten auf Platz 17 endete. Er verlor früh den Anschluss an eine kleine Gruppe im hinteren Mittelfeld, das viele Kopfsteinpflaster, die engen Winkel und die leichten topografischen Herausforderungen machen den BOclassic bekannterweise auch mit gutem Laufgefühl zu einem anspruchsvollen Pflaster. „Grundsätzlich war es eine tolle Erfahrung in einem so starken Feld und vor so vielen Zuschauern zu laufen“, meinte Hinterndorfer, der nun mit Optimismus die anstehende Hallensaison anvisiert.
Nachdem anfänglich der junge Südafrikaner Maxime Chaumeton, am Ende wie im Vorjahr starker Dritter, mit einer offensiven Herangehensweise ein schnelles Rennen lancierte, entwickelte sich das erwartbare Duell um den Sieg zwischen dem Kenianer Sabastian Sawe und dem Italiener Yemaneberhan Crippa. Ebenso wenig verwunderte, dass der Lokalmatador trotz der lauten Anfeuerungen vom Streckenrekord gegen den amtierenden Weltmeister im Halbmarathon keine Chance hatte. Der 28-jährige Kenianer setzte sich eingangs der vorletzten Runde leicht ab, ein Abstand von wenigen Sekunden, den der Europameister im 10.000m-Lauf nicht mehr verringern konnte. „Ich glaube, in einer ausgezeichneten Verfassung zu sein und bin froh, ein nicht einfaches Jahr hier bei dieser feierlichen Atmosphäre mit einem guten Rennen zu Ende gebracht zu haben“, war der Zweitplatzierte laut Statement auf der Website des Italienischen Leichtathletik-Verbandes (FIDAL) dennoch sehr zufrieden.
Sawe stoppte die Zeitnehmung nach exakt 28 Minuten, womit ihm bei idealen Laufbedingungen – Temperaturen im niedrigeren einstelligen Bereich, bedeckter Himmel und kaum Luftbewegungen – ein Kunststück gelang. Nach sage und schreibe 32 Jahren fiel der Streckenrekord von Hanneck Philemon aus Simbadwe, den etliche Stars in den vergangenen Jahren wie Tamirat Tola oder Muktar Edris vergeblich ins Visier genommen hatten. Es war der zweite große Sieg für den Kenianer auf italienischem Boden nach dem Triumph beim Halbmarathon von Rom nach Ostia im Jahr 2022.
Crippa muss damit weiterhin auf einen Sieg bei einem seiner Heimrennen, er wuchs in der Nachbarprovinz Trentino auf und lebt dort noch, warten – wie im Vorjahr wurde der 27-Jährige aber guter Zweiter. Die Leistung ist aber hoch einzuschätzen, schließlich gelang dem Italiener auf der schwierigen Strecke in der Südtiroler Landeshauptstadt in einer Zeit von 28:03 Minuten eine persönliche Bestleistung um 14 Sekunden. Somit sprang er auf Platz zwei der ewigen italienischen Bestenliste im 10km-Straßenlauf hinter Pietro Riva. Gute Vorzeichen für seinen geplanten Start beim Sevilla Marathon am 18. Februar, nachdem er, laut eigener Aussage im italienischen Fernsehen, seine Topform bei der Crosslauf-EM in Brüssel nicht abrufen konnte.
Der italienische Rekordhalter und amtierende Landesmeister in dieser Disziplin, der Ende Oktober mit einem starken Halbmarathon von 59:41 Minuten (Valencia) aufhorchen ließ, war am letzten Tag des Jahres 2023 nicht in bester Verfassung und wurde nur Siebter. Einen starken Auftritt zeigte der deutsche Marathonläufer Hendrick Pfeiffer, der im Bereich seiner 10km-Bestleistung blieb und in 29:24 Minuten Position sechs bekleidete.
Unmittelbar vor dem Männerrennen ging das mit Spannung erwartete 5km-Rennen der Frauen über die Bühne. Die Herzen der Tausenden Zuschauer in Bozen flogen dem italienischen Jungstar Nadia Battocletti, die eine Autostunde westlich von Bozen in der benachbarten Provinz Trentino aufgewachsen ist, zu. Und tatsächlich war die 24-Jährige, die bei den Weltmeisterschaften im 5km-Straßenlauf Anfang Oktober in Riga auf beeindruckende Art und Weise mit der ostafrikanischen Elite mithalten konnte, auch an diesem Nachmittag in Topform. Battocletti ging das Tempo der Kenianerinnen Nelly Chepchirchir und Margaret Kipkemboi, die den BOclassic bereits zweimal gewonnen hat, mit. Bereits vor der Schlussphase konnte Kipkemboi, Vize-Weltmeisterin im Halbmarathon und ehemals WM-Medaillengewinnerin sowohl über 5.000 als auch 10.000m, das Tempo nicht mehr halten. Sie wurde Dritte, der Kampf um den Sieg reduzierte sich auf das Duell zwischen Battocletti und Chepchirchir. Die entschlossene Italienerin besiegte die WM-Fünfte im 1.500m-Lauf entlang der Zielgerade hin zum Waltherplatz und sicherte sich in einer Zeit von 15:30 Minuten den umjubelten Sieg. „Ich bin überglücklich, hier zu gewinnen, praktisch bei mir zu Hause. Ich hatte enormes Selbstvertrauen, weil die letzten Trainingseinheiten wirklich fantastisch verlaufen sind. Die Anfeuerungen der Zuschauer haben mich zusätzlich gepuscht“, strahlte die 24-Jährige, vor drei Wochen Vize-Europameisterin im Crosslauf.
Es war der erste europäische Erfolg beim BOclassic seit dem Sieg der Russin Gulnara Galkina 2008 und der erste italienische seit Maria Curatolo im fernen Jahr 1988, zwölf Jahre, bevor die Tochter des ehemaligen Athleten und heutigen Trainers Giuliano Battocletti das Licht der Welt erblickt hat. Auch die Qualität des Sieges ist bestechend: Mit ihrer Zeit von 15:30 Minuten egalisierte Battocletti, bei im Vergleich zu den vergangenen Ausgaben wesentlich kühleren Temperaturen, die zweitschnellste Siegerzeit der Veranstaltungsgeschichte, nur die Äthiopierin Dawit Seyaum war vor zwei Jahren noch acht Sekunden schneller.
Zweitbeste Italienerin wurde die am Ende viertplatzierte und in der ersten Runde mutig mit der Spitze mitgelaufene Giovanna Selva. 1.500m-WM-Finalistin Ludovica Cavalli rundete die Top-Fünf ab. Der Silvesterlauf BOclassic, dessen Programm einen Volkslauf, einen Just-for-Fun-Run und Jugendläufe umfasste, feierte in diesem Jahr seine 49. Auflage und steht damit vor einem besonderen Jubiläum im kommenden Jahr.
10km-Lauf der Männer
5km-Lauf der Frauen
* neuer Streckenrekord
** neue persönliche Bestleistung
*** 5km-Debüt