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Eine energische Faust in den Himmel, das war es vorerst. Für den inoffiziellen Titel des am wenigsten extrovertierten Jubels beim Überqueren der Ziellinie als Europameister für einen, der damit nicht unbedingt rechnen konnte, hat sich Topi Raitanen definitiv beworben. Einige Minuten später, eingehüllt in eine finnischen Flagge, drängte seine Freude über einen grandiosen Erfolg dann doch nach außen. Auf skandinavisch-kühle Art und Weise halt. „Es ist schwer zu glauben“, kommentierte der 26-Jährige nach dem Rennen, wusste aber sein Erfolgsgeheimnis: „Ich habe nicht die schnellsten Zeiten vorzuweisen, aber meine Taktik ist immer richtig gut. Und ich bin ziemlich schnell auf der letzten Runde. Also lautete mein Ziel, genau das zu zeigen.“ Zu diesem Vorhaben zählte auch, zu Rennbeginn an die Spitze zu gehen und das Tempo leicht einzuschläfern. Die Strategie ging definitiv perfekt auf. Ob er überrascht sei? „Ich wusste, dass ich einer derjenigen bin, die das Rennen definitiv gewinnen können.“ Also nein, finnisch selbst bewusst eben.
Dass Raitanen, vor vier Jahren in Berlin Achter, genauso wie bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio, was ein tolles Resultat darstellte, im europäischen Hindernislauf eine Nummer ist, zeigen auch die Statements der italienischen Medaillengewinner. Osama Zoghlami, am Ende Bronzemedaillengewinner, gab zu Protokoll: „Wir wussten, dass Raitanen ein starkes Finish hat. Daher haben wir drei Italiener vor dem Rennen über das Pacing des Rennens gesprochen. Mein Zwillingsbruder und ich sind plangemäß an die Spitze gegangen und wollten das Rennen schnell machen. Es sieht so aus, als wäre es nicht schnell genug gewesen.“ Und auch Ahmed Abdelwahed, der aus einer leichten Favoritenrolle heraus agierte, analysierte nüchtern: „Es hat nicht ganz so funktioniert.“
Tatsächlich sorgte die Ablöse von Raitanen, der den ersten Kilometer an der Spitze in einer Zeit von 2:52,48 Minuten absolvierte, für einen schnelleren zweiten Kilometer. Osama und Ala Zoghlami sorgten für eine italienische Doppelführung, während sich der auf dem Papier stärkste Italiener Ahmed Abdelwahed im Mittelfeld aufhielt, wo er allerdings ein unruhiges Rennen zeigte. Mit einer Zwischenzeit von 5:40,72 Minuten führte Zoghlami das Feld in den letzten Kilometer. Kurz davor hatte sich Abdelwahed nach vorne geschoben, drei Azzurri zierten nun die Spitze des Rennens. Doch die von den Italienern erhoffte Lücke ging nicht auf, dafür fiel Ala Zoghlami zurück.
4. Daniel Arce (Spanien) 8:25,00 Minuten
5. Karl Bebendorf (Deutschland) 8:26,49 Minuten
6. Sebastian Martos (Spanien) 8:26,68 Minuten
7. Ala Zoghlami (Italien) 8:27,82 Minuten
8. Djilali Bedrani (Frankreich) 8:28,52 Minuten
9. Phil Norman (Großbritannien) 8:33,05 Minuten
10. Emil Blomberg (Schweden) 8:33,09 Minuten
11. Jacob Boutera (Norwegen) 8:33,38 Minuten
12. Tom Erling Kärbö (Norwegen) 8:33,57 Minuten
13. Victor Riuz (Spanien) 8:37,24 Minuten
14. Niklas Buchholz (Deutschland) 8:37,51 Minuten
15. Louis Gilavert (Frankreich) 8:39,62 Minuten
Als Abdelwahed das Kommando übernehmen wollte, riss Raitanen die Führung an sich und verteidigte sie mit angestrengtem Gesichtsausdruck bis zur Ziellinie, die er in einer noch ansprechenden Zeit von 8:21,80 Minuten überquerte. „Jetzt hab ich nur mehr ein Saisonziel: eine richtig schnelle Zeit zu laufen“, so der 26-Jährige, der mit seiner Leistung dafür sorgte, dass Finnland bei den Leichtathletik-Bewerben im Olympiastadion von München vor dem Schlusstag gleich viele Goldmedaillen wie Italien aufweisen kann. Die Finnen haben in ihrer reichen Lauftradition im 20. Jahrhundert trotz etlicher Medaillengewinne übrigens nie einen Europameister im 3.000m-Hindernislauf gestellt. Dafür gelang Jukka Keskisalo 2006 in Göteborg eine ähnliche Überraschung wie Topi Raitanen am heutigen Abend.
Die beiden Italiener trauerten dem verpassten Gold erst gar nicht nach und gingen auf die Ehrenrunde. „Wir sind sehr, sehr glücklich mit unseren Medaillen“, sagte Zoghlami. Und Abdelwahed, mit 27 Jahren um ein Jahr jünger als die Zwillinge, meinte: „Das ist ein toller Erfolg für unser Land. Natürlich bin ich hierhergekommen mit der Ambition zu gewinnen. Aber Silber und Bronze sind Grund genug, heute Abend in der Casa Italia ordentlich zu feiern.“ Alle drei italienischen EM-Teilnehmer in dieser Disziplin haben nordafrikanische Wurzeln, kamen allerdings schon im Kindesalter, vor Start ihrer Laufkarrieren, in das südeuropäische Land.
Einen starken Wettkampf lieferte der Deutsche Karl Bebendorf mit Platz fünf ab, sein bisher größter internationaler Erfolg. Er hielt sich während des gesamten Rennens im Mittelfeld auf und konnte im Finale noch etwas zulegen. Sein Landsmann Niklas Buchholz, der überraschend den Vorlauf überstanden hatte, kam auf Rang 14 ins Ziel. Weniger erfolgreich ist die Bilanz der Spanier, die das gesamte Rennen lang überraschend zurückhaltend liefen. Ihr Bester, Daniel Arce kam zwar noch auf Platz vier vor, hatte aber letztendlich keine wirkliche Medaillenchance.