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Ein international recht unbekannter Athlet hat am 16. November in Lille den Europarekord im 10km-Straßenlauf unerwartet auf eine Zeit von 27:04 Minuten verbessert – aufgeteilt auf zwei gleichmäßige Rennhälften von 13:32 Minuten. Das ist immerhin Rang 25 in der ewigen Weltbestenliste. Etienne Daguinos stand stets im Schatten erfolgreicherer Landsleute, aus welchem er in den vergangenen Wochen herausgetreten ist.
Drei Sekunden schneller als sein Landsmann Jimmy Gressier, der in den europäischen Nachwuchsklassen so gut wie alles gewonnen hat. Vier Sekunden schneller als Yemaneberhan Crippa, amtierender Europameister im Halbmarathon. Und neun Sekunden schneller als Julien Wanders, Ende des letzten Jahrzehnts der „Master“ des europäischen Straßenlaufs – den Kontinentalrekord im Halbmarathon hält der Schweizer bekanntlich noch. Es war schon eine große Überraschung, dass Etienne Daguinos die Bestzeiten dieser renommierten Athleten übertrumpft und den Europarekord im 10km-Lauf auf eine Zeit von 27:04 Minuten verbessert hat.
Der 24-Jährige ist nämlich bisher etwas unter dem Radar geflogen. Er stammt aus der Hafenstadt Bordeaux, trainiert regelmäßig in Font-Romeu, dem Trainingszentrum in den Pyrenäen, unter der Leitung von Emmanuelle Roux und Yannick Dupouy und vertrat Frankreich bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften 2019 in der Altersklasse U20. Erst seine Halbmarathon-Bestleistung von Valencia im Oktober mit 59:46 Minuten ließ richtig aufhorchen. Drei Wochen später bestätigte Daguinos diese Traumform mit dem Europarekordlauf über zehn Kilometer. Diese beiden Leistungen sind mit Abstand die wertvollsten in seiner bisherigen Karriere. Zwischen beiden wurde er übrigens noch französischer Meister im 10km-Lauf in seiner Heimatstadt Bordeaux.
Daguinos erzählt aber eine Geschichte, die, angetrieben von jungen ostafrikanischen Sportler*innen, immer moderner zu werden scheint. Für Erfolge im Straßenlauf ist ein entsprechend gutes Niveau auf der Bahn offenbar keine Voraussetzung mehr. Dafür hat er Trailrunning-Erfahrung, Beispiel einer breiten und vielseitigen Ausbildung. Der Crosslauf-EM-Vierte in der Altersklasse U23 von 2022 kann zwar auf den ein oder anderen ordentlichen Hallen-Wettkampf über 3.000m verweisen, doch weder im 1.500m- noch im 5.000m-Lauf erreichte er ein aufregendes internationales Niveau. Hauchdünn qualifizierte er sich für die Europameisterschaften in Rom, wo er im 5.000m-Lauf als 15. ins Ziel kam – ein ordentliches Ergebnis.
Geburtsdatum: 15. Februar 2000
Nationalität: französisch
Erfolge:
Europarekordhalter über 10km in 27:04 Minuten
PB Halbmarathon: 56:46 Minuten
WM-Sechster im 5km-Straßenlauf 2023
Aber auf die Straße sprang der Funke aus seinem Körper sofort über. Bei den Straßenlauf-Europameisterschaften von Riga 2023 überraschte Daguinos als Sechster im 5km-Straßenlauf. Es war der vorläufige Ausreißer und Höhepunkt in der Karriere des Wirtschaftsstudenten, der seit 2023 vollen Fokus auf das Laufen legt. Im 10km-Straßenlauf ist er nun Europarekordhalter, im Halbmarathon die Nummer zehn der ewigen europäischen Bestenliste – übrigens zeitgleich mit seinem weit bekannteren und bis dato erfolgreicheren Landsmann Jimmy Gressier.
In einem Interview mit der Website des Französischen Leichtathletik-Verbandes (FFA) bezeichnet Daguinos die jüngsten Erfolge als Bestätigung der Trainingsleistungen. Und begründet die Diskrepanz zu früheren Leistungen damit, dass es lange Zeit nie optimal lief. „Einmal bremste mich eine Krankheit aus, einmal war das Wetter nicht ideal, ein anderes Mal passierten Fehler in der Vorbereitung. Es war ein Teufelskreislauf, der dazu führte, dass ich auch mental gehemmt war. Nie gelang ein Wettkampf, der meinem eigentlichen Niveau entsprach.“ Man habe seine lineare Entwicklung einfach nicht an seinen Wettkampfergebnissen erkennen können.
Nun ist die Basis für neue, große Ziele gelegt. Daguinos will bei den Straßenlauf-Europameisterschaften im April eine Medaille gewinnen und sich für die WM 2025 in Tokio über 5.000m qualifizieren. Das sind adäquate Ambitionen für einen Mann, der in einer Disziplin an Europas Spitze steht.
Einen Tag, nachdem Etienne Daguinos in Lille den Europarekord im 10km-Lauf verbesserte, lief Jacob Kiplimo beim Siebenhügellauf in Nijmegen eine neue Weltbestleistung im 15km-Lauf. Die Leistung des Uganders von 40:42 Minuten ist aber keine echte Weltbestleistung, da er selbst auf seinem Weg zum ehemaligen Halbmarathon-Weltrekord in Lissabon 2021 die ersten 15 Kilometer noch schneller bewältigte.
Autor: Thomas Kofler
Bild: © Pete Linforth / Pixabay
Quelle: Französischer Leichtathletik-Verband